Größenwahn und Realitätsverlust
In Scharen sind sie nicht in die Hanns-Martin-Schleyer-Halle geströmt, dennoch haben bei den Stuttgarter "Feuerkonferenzen" von Reinhard Bonnke Millionen in der Spenden-, Filmverkaufs- und Eintrittskasse geklingelt. Seit fast 50 Jahren ist dieser "Evangelist" und "Wunderheiler" weltweit unterwegs, um die Menschen zu bekehren. In Stuttgart sagte er vor rund 7000 Besucherinnen und Besuchern: "Was Gott in Afrika getan hat, wird er auch in Deutschland tun. Wenn nicht in diesem Jahrzehnt, dann im nächsten." Bis dahin sollen es 100 Millionen auf der Welt sein, die Bonnke vom christlichen Glauben überzeugt hat. Die Evangelische Landeskirche in Württemberg reagierte auf die "Feuerkonferenzen" des Gründers der pfingstkirchlichen Bewegung "Christus für alle Nationen" mit scharfer Kritik. Über die Gründe unterhielt sich Readers-Edition-Autor Heinz-Peter Tjaden mit der Stuttgarter Weltanschauungsbeauftragten Annette Kick.
Heinz-Peter Tjaden: Nach den Feuerkonferenzen werfen sie Herrn Bonnke absoluten Größenwahn vor. Warum?
Annette Kick: Erst einmal tut er so, als wäre er der einzige Evangelist auf der ganzen Welt. Niemals ordnet er sein Tun ein in die Bemühungen der unzähligen anderen Evangelisten, Pastorinnen, Pastoren, Kirchen etc. Gott beruft ihn und nur ihn, allen Gemeinden die richtigen Evangeliumsmethoden beizubringen, so sagt er in seinem Ankündigungsprospekt. Er sei aber nur einer (!!!!). Dann habe Gott
ihm die Lösung mit den Filmen gezeigt. Sich eine solche Alleinzuständigkeit für Mission zuzuschreiben, ausgerechnet in Baden-Württemberg, wo wir deratig viele Kirchen, Missiongesellschaften, haben, wo intensivchristliche freie Gemeinden Tag für Tag aus dem Boden sprießen, zeugt schon von Realitätsverlust und Größenwahn; ganz abgesehen von diesen Zahlen, die er zur Bekehrung führen will und angeblich schon geführt hat, die ja m.E. völlig irreal sind.
Heinz-Peter Tjaden: Während der Feuerkonferenzen haben auch Kids-Festivals stattgefunden, zu denen ich Fragen hatte an den Stuttgarter Kinderschutzbund, an das Stuttgarter Jugendamt und an andere, die nicht beantwortet worden sind. Warum reagiert niemand?
Annette Kick: Eine Woche vor der Veranstaltung wurde ich vom Ordnungsamt und vom Jugendamt gefragt, ob es triftige stichhaltige Begründungen gibt, die Kinderveranstaltung einzuschränken, absagen ging gar nicht mehr. Das Kinderfestival wurde inhaltlich nicht beschrieben und es wurde auch von einem anderen Verein als dem Bonnke-Verein verantwortet. Man hätte im Vorhinein die Jugendgefährdung nachweisen müssen, damit nicht immense Schadenersatzforderungen auf die Stadt zugekommen wären. Aber wie will man das nachweisen auf die Schnelle?
Heinz-Peter Tjaden: Das Bundesfamilienministerium hat mir in einem Interview über die Extremismus-Beauftragte gesagt, dass auch Inszeniertes Bonnke nicht schade. Was treibt Menschen zu
solchen Feuerkonferenzen?
Annette Kick: Nach meinem Eindruck waren es am Freitag Abend - die Halle war übrigens zu zwei Dritteln leer, also so sehr hat es die Leute nicht getrieben - einerseits Leute, auch Leitende aus charimatisch-pfingstlichen Gemeinden, aber auch andere eher konservative Christen, die den Mann mal sehen wollten, der so einen Hype um sich macht; Leute, die sehen wollten, ob er wirklich etwas kann, was sie nicht können.
Die Begeisterung, die er ausgelöst hat, war dann ja nicht gerade groß. Er schien mir ein wenig frustriert, weil er anderes aus Afrike gewöhnt ist. Andrerseits waren es erschreckend viele Leute, die geheilt werden wollten. Wobei ich da das Gefühl hatte, auch hier war so eine Haltung "man kann es ja mal probieren, ob er es wirklich kann.
Schaden kann es jedenfalls nicht."
Heinz-Peter Tjaden: Wer finanziert nach Ihren Erkenntnissen derlei Inszeniertes, das von Afrika-Kennern ohne Widerspruch von Herrn Bonnke schon als Betrug entlarvt worden ist?
Annette Kick: Die Leute selbst natürlich. Er hat ganz schön Druck gemacht, sich finanziell an seinem Menschenrettungswerk zu beteiligen. Außerdem mussten die Teilnehmer an der Konferenz ja ganz schön bezahlen, dazu der Filmverkauf.
Angeblich sind ja über 1 Million Euro Spenden noch zusätzlich zu den
Gebühren zusammengekommen. Und ich weiß nicht, ob da diejenigen schon dabei sind, die eine Bankeinzugerklärung oder regelmäßige Spenden auf ihrem grünen Zettel angekreuzt haben.
Impressum
-
*Verantwortlich für diese Seiten*
Heinz-Peter Tjaden
Caminho do Arieiro de Baixo 5
Sao Martinho 9000-229 Funchal
heinzpetertjaden03@gmail.com
Seit 30. März...
vor 9 Monaten
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen